Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde!
Ich begrüße Sie recht herzlich zur Ausstellung von Lisa Stalspets und Emaunel Bernstone. Wie Sie anhand der Einladung gelesen haben, steht die Ausstellung unter dem Titel „Contemporary Swedish Art“. Tatsächlich handelt es sich bei dieser Bezeichnung um eine recht artifizielle Geschichte. Denn was Sie hier sehen, ist natürlich keine demonstrative Schau, die zwei herausragende Positionen schwedischer Kunstproduktionen präsentiert. Der Titel der Ausstellung spielt vielmehr mit Erwartungen, die durch die Namensgebung hervorgebracht werden. Denn was kann schon eine national kodierte Begriffsfindung bieten? Letztendlich werden wir nur auf die Unzulänglichkeiten in der Beziehung zwischen Erzählungen und Identitäten gestoßen, wie auch immer man es verklausuliert. Was Sie in dieser Ausstellung aber finden werden, ist genau das, was der Slogan verspricht: zwei zeitgenössische Positionen aus Schweden. Was auch immer Sie erwarten, was über diesen einfachen Fakt hinausgeht, ist ihren eigenen, mitgebrachten Bildern geschuldet.
Blicken wir zunächst auf die Bilder von Emanuel Bernstone, die zunächst als entpersonalisierte Räume erscheinen, kühl und steril. Der erste Blick täuscht jedoch. Auch wenn man vermuten könnte, dass hier auf verlassene Räume geblickt wird und eine Art Statement vermittelt wird, so würde man es sich doch zu einfach machen. Vielmehr handelt es sich um die Präsentation von Zwischenräumen, d.h. Offenen räumen, die Möglichkeiten in sich bergen, die es zu erforschen gilt. Es geht dabei nicht darum, eine Geschichte zu entwickeln, wozu diese leeren Schauplätze freilich einladen, sondern um das Betrachten und die Reflexion unserer eigenen Erwartungshaltung, die wir an Schauplätze herantragen. Und um das „offen halten“, was uns in diesen Räumen begegnen wird. Die Unbestimmtheit und die Wandelbarkeit unserer eigenen Biografien wird uns in den architektonischen Landschaften von Emanuel Bernstone bewusst, denn dadurch wird die Lesbarkeit seiner Räume vornehmlich bestimmt. Es handelt sich also um ein Spiel mit dem Rezipienten und um sein Erfindungsreichtum im beinahe pathologischen Zwang zur Narration. Denn der Mensch als narratives Wesen verlangt ebenso nach Biografien wie nach Schauplätzen, die als Wegmarken unserer eigenen Existenz agieren und die Möglichkeit der Spiegelung bieten. Die formale Strenge in Bernstones Bildern ist somit nur ein Mittel, um den Primat der Assoziation zu bedienen, dessen wir uns weder entledigen können noch wollen. Schließlich handelt es dabei um die Grundkonstanten unserer Existenz. Das, was uns selbst ausmacht ist ja nichts weiter als das Personalisieren von banalen Bildern, d.h. das Auffüllen von historischen Fragmenten mit emotionalisierten Erinnerungen, wie Farben, Gerüche, Geschmack und Gefühle.
Das dieser Prozess der Narration in unserem Kopf sich mit der Zeit verändert, als das sich Erinnerungen verändern und damit auch der Wert den wir Dingen beimessen, ist das Thema in Lisa Stalspets arbeiten. In ihren Arbeiten zeigen sich unbestimmte fragmentierte Geschichten, wie Einzelbilder und verschleierte Träume. Die Landschaften, die Lisa Stalspets entwickelt , sind keine architektonischen Flächen, sondern Erinnerungslandschaften, in denen sie erforscht, auf welche Weise wir Orte mit Bedeutungen füllen und mythologisch aufladen. Als Beispiel sei hier etwa der uns vorliegende Kubus genannt, ein Versuch, eine adäquate Darstellung des Ozeans auf kleinsten Raum zu komprimieren. Es gibt wohl wenige Dinge, die historisch und mythologisch so beladen sind, wie das Meer, ein nautisches Ungetüm, gleichzeitig ein Zeichen für Sehnsucht, Fernweh, Expeditionsdrang, aber auch ein gefährliches und unergründliches Terrain, das sich auch in der Kunstgeschichte in sogenannten Seestücken mannigfaltig wiederfindet. Lisa Stalspets hat eine charmante Form gefunden, diesem komplizierten Thema beizukommen, indem sie auf jeder Seite ihres Ozeans eine andere Darstellungsform wählt. Sie verweist so den Mythos in seine Schranken, bzw. reduziert ihn auf ein Wohnzimmerformat. In der hier gezeigten Videoarbeit „Dance with a stranger“ befasst sie sich mit Ritualisierungen, die durch den Kontext einen Sinn ergeben. Wenn uns dieses Ritual allerdings ohne Kontext begegnet, entwickelt sich ein absurdes Kunstvideo, wo ein Blättertanz aufgeführt wird, der zunächst ästhetische und szenische Qualitäten hervorbringt, dann aber einem seltsamen Ritual gleicht, dem wir nicht folgen können. Nicht einmal die bedauernswerte Zuschauerin im Theater scheint zu wissen, was sie sich da eigentlich genau ansieht und schaut etwas irritiert aus der Wäsche. Beide Positionen bieten also zwei Möglichkeiten sich mit Narrationen auseinander zu setzen, einmal auf einer visuellen Ebene, ein anderes mal auf der Ebene der Erinnerungsarbeit. Zwei künstlerische Positionen aus Schweden, nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.
Ich bedanke mich bei den Künstlern, dass sie heute hier sind und wir ihre Arbeiten präsentieren dürfen und eröffne hiermit die Ausstellung von Lisa Stalspets und Emanuel Bernstone. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Donnerstag, 14. Mai 2009
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