Montag, 11. April 2011

Pressestimmen: Malgosia Jankowska - Arkadia

Göttinger Tageblatt, 7.4.2011

von Tina Lüers
Kinder, flankiert von Wölfen und Schlangen

Ein Fuchs zerfleischt sich, zwischen Zweigen im Unterholz halb verborgen, in Lars von Triers jüngstem Film „Antichrist“. Als der Farn zur Seite gebogen wird, spricht er mit einer seltsam verzerrten Stimme: „Chaos regiert“. Er symbolisiert das Bild einer dämonischen, unberechenbaren Natur.
Lauern hier Abgründe? Malgosia Jankoska vor einem ihrer großformatigen Waldbilder

Auch in Malgosia Jankowskas Bildern von einer idyllisch-arkadischen Natur, „Arkadia“, die derzeit im Apex zu sehen sind, scheinen Abgründe zu lauern. In großformatigen Waldlandschaften sind kleine Kinder zu sehen, flankiert von Wölfen, übergroßen Schlangen, Hirschgeweihen, Fliegenpilzen. Ganz allein im großen, weiten Wald sind sie mit sich beschäftigt, schauen zu Boden oder vom Betrachter weg, allein die Tiere sehen ihn an. Sie sagen nicht, dass das Chaos regiert, aber auch sie scheinen bei aller Stille und der Traumlandschaftlichkeit der oft im Schnee situierten Arrangements zu sagen, dass diese Idylle von Bergen, hohen Tannen, Buchen oder Waldseen nicht trägt, nicht tragen kann.

Jankowska arbeitet mit Filzstiften und Aquarellfarbe, aber nicht in Aquarelltechnik auf Papier. Strich um Strich zieht sie mit dem Pinsel, formt die Rinden der Bäume, deutlich und dunkel im Vordergrund, immer heller und weicher in Richtung Hintergrund. Die Möglichkeiten der Flüchtigkeit des Aquarells werden nicht wahrgenommen, stattdessen mit der Stetigkeit des Fleißes einer ausführlichen Zeichnung kontrastiert. Das Haar der Jungen, auch Bergkämme oder Kleidungsstücke, hat sie mit feinem Filzstiftstrich gezogen, in ihrem zeichnerisch-realistischen Gestus widersprechen sie dem Aquarell nur deshalb nicht, weil es in gleicher Weise linear verwendet wird. Der Einsatz von sehr wenigen Farbtönen, mal ist eine Zeichnung ganz schwarz auf weißem Papiergrund, mal rot, mal ein wenig wechselnder, unterstützt den zeichnerischen Charakter.

Verwirrend wirkt neben dieser Genauigkeit ein gewisser Nebel, der überall wartet, der die Farben verblassen lässt oder aufhellt, die Lichtverhältnisse, aber auch die Beziehung von Figur und Grund auf den Bildern ins Unstimmige oder Absurde kippen lässt. Abgründe allerdings lauern hier wohl doch nicht, eher ein Verweis auf Märchen und Mythen, Collagen von Vorlagen.

Bis 1. Juni, Mittwochs bis Freitags von 15 bis 19 Uhr, Sonnabends von 11 bis 16 Uhr im Apex, Burgstraße 46 in Göttingen.

Samstag, 2. April 2011

„...und die Blätter der Bäume standen still...“

- Waldwelten bei Malgosia Jankowska

von Sabrina Hoff

In das sanfteste Rot und Gold war alles verschmolzen, die Bäume standen mit ihren Wipfeln in der Abendröte,[..] die Wälder und die Blätter der Bäume standen still, der reine Himmel sah aus wie ein aufgeschlossenes Paradies, und das Rieseln der Quellen und von Zeit zu Zeit das Flüstern der Bäume tönte durch die heitre Stille wie in wehmütiger Freude. “ (aus: Ludwig Tieck: Der blonde Eckbert, 1797)

Ein ähnlicher Eindruck ist es der die Bilder von Malgosia Jankowska zu durchströmen scheint. Das romantische Naturerlebnis wird in ihren Bildern wiederbelebt. Ruhe und Erhabenheit durchströmt die Zeichnungen aus Aquarell und japanischen Filzstift auf Papier. In die kulissenhafte Umgebung bettet sie einzelne Elemente ein, die sich dezent vor dem Hintergrund abheben, Figuren und Tiere erscheinen auf Lichtungen und gehen in sich selbst vertieft unerklärlichen Handlungen nach.

Arkadia“ der Titel der Ausstellung verweist auf die Vorstellung von dem Hirtenland Arkadien, das u.a. in der frühen Neuzeit zum erstrebenswerten Ort stilisiert wurde. Arkadien ist dort die Schäferidylle, ist die Illusion eines einfachen Lebens im Zusammenspiel mit der Natur. Die Zeichnungen Malgosia Jankowskas nehmen diese Stimmung auf und stellen eine Verbindung von arkadischer Illusion und romantischer Naturverklärung dar.

Zunächst geblendet durch Schönheit und Harmonie der Zeichnungen verheddert sich der Betrachter auf den zweiten Blick im Inhalt der Bilder. Die Frage nach der Funktion der Figuren im Mittelpunkt drängt sich auf. Die augenscheinliche Idylle nimmt der Betrachter mehr und mehr als Bedrohung wahr.

Die anfangs beschriebene Schönheit verkippt somit und nimmt etwas düsteres an. Die arakadische Anmutung, verspielte Kindheit und ungezähmte Wildniss, werden hier in einer so großen Harmonie kombiniert , dass es eben doch zu schön ist um wahr zu sein und sich vielmehr als unheimliche Fremdheit und Illusion entpuppt.

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